Heute möchten wir Ihnen Michaela Vesco, Musiklehrerin an der Hartwig-Claußen-Schule in Hannover, vorstellen. Denn hier findet unser Pilotprojekt „Aus der Stille in den Klang“ jede Woche am Montag, Dienstag und Freitag für die SchülerInnen statt. Das Förderzentrum mit dem Schwerpunkt Hören ist eine kleine Schule mit rund 125 Lernenden in kleinen Klassen. Und klein heißt hier tatsächlich: In einer Klasse befinden sich maximal zwölf Kinder. Michaela Vesco: „Sobald es 13 Kinder sind, wird die Klasse geteilt!“
Individuelles Lernen in kleinsten Klassen und Lerngruppen
Und das ermöglicht den Kindern von der 1. bis zur 10. Klasse ein individuelles Lernen in kleinen Gruppen, in dafür speziell für Hörgeschädigte ausgestatteten Räumen und der entsprechenden technischen Ausstattung. Wie beispielsweise mit einer Klassenhöranlage für alle SchülerInnen. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Kinder auch hören können, was die LehrerInnen sagen, wenn sie ihnen den Rücken zudrehen, weil sie beispielsweise gerade etwas an die Tafel schreiben und so nicht von den Lippen ablesen können.
Die Spezial-Schule verfolgt einen ganzheitlichen Lernansatz, bei dem das soziale und emotionale Wohlbefinden der Lernenden ebenso wichtig ist, wie das Erlangen des Real- und Hauptschulabschlusses sowie des Förderschulabschlusses Lernen.
Das Projekt von Aktion Kindertraum: Eine tolle Möglichkeit für die Kinder
Michaela Vesco ist seit 20 Jahren an der Schule, sie unterrichtet die SchülerInnen von Klasse eins bis zehn im Fach Musik. Studiert hat sie Förderschullehrerin und Sprachheilpädagogin mit dem Schwerpunkt Hören. Unser Projekt „Aus der Stille in den Klang“ mit Elena Kondraschowa fand sie von Anfang an toll. Michaela Vesco: „Ich war sofort dafür, dass die Kinder die Möglichkeit erhalten, an dem Projekt teilzunehmen. Skeptisch war ich nur, wie und ob wir den Unterricht in unseren Schulalltag integrieren können. Also wie das logistisch handhabbar ist. Da kann ich mich nur bei Helga Berndmeyer von Aktion Kindertraum bedanken, die diese ganze Logistik organisiert!“
Denn die ursprüngliche Idee, den Kindern parallel zum Unterricht die Möglichkeit zu geben, einfach einmal 20 Minuten rauszugehen und bei Elena Kondraschowa eine Einzelunterrichtsstunde mit dem eigenen Instrument zu erhalten, konnte leider nicht umgesetzt werden. Michaela Vesco: „Leider fanden das einige KollegInnen nicht so gut, wenn die Kinder ihren Unterricht verlassen, um ihr Instrument im Einzelunterricht bei Elena zu spielen und zu erlernen. Dabei denke ich, dass in dieser Zeit im Einzelunterricht viel mehr hängen bleibt als in der Klasse – auch wenn es nur elf MitschülerInnen gibt. Das gilt natürlich auch für meinen Musikunterricht, wo ich immer alle gemeinsam unterrichte.“
Man bemerkt die Fortschritte durch den Einzelunterricht
Bereits jetzt merkt sie: „Wenn ich die Kinder in meinem Musikunterricht unterrichte, merke ich ganz deutlich, welche Kinder bei Elena im Projekt ,Aus der Stille in den Klang‘ Einzelunterricht hatten und wie viel sie bereits gelernt haben. Es ist manchmal auch schwierig, sie zu beschäftigen, weil sie in manchen Bereichen dann eben doch schon weiter sind als die anderen Kinder.“
Bei Unterrichtsausfall leiden zuerst die Fächer Musik, Kunst und Sport – „Das ist schade!“
Die Sorge, die Michaela Vesco mit vielen anderen LehrerInnen mit den gleichen oder ähnlichen Fächern teilt: „Es ist wirklich schade, dass bei Unterrichtsausfall immer zuerst der Musik-, Kunst- oder Sportunterricht gekürzt wird. Für die Kinder sind gerade diese Fächer meines Erachtens sehr wichtig- Es sind die Fächer, die emotional sind und daher von den Kindern besonders gut aufgenommen werden. Ein Beispiel: Wenn ich mit den Kindern einen Rap mit dem Einmaleins einübe, bin ich sicher, dass über die Musik mehr hängen bleibt als wenn sie einfach nur im Matheunterricht sitzen und das Einmaleins aus Büchern lernen.“
Musik sollte schon in der Grundschule eine wichtige Rolle spielen
Ihr Wunsch für die Zukunft: „Dass Musik als Fach, insbesondere auch schon in den Grundschulen, künftig noch mehr integriert wird. Denn viele Kinder profitieren von Musik. Alle LehrerInnen sollten das auch wissen und Musik vielleicht auch in ihre Fächer mit einbeziehen. Das heißt ja nicht, dass sie ein Instrument spielen müssen oder Musik studiert haben. Singen und Klatschen, Rhythmus und Musik mit anderen Themen zu verbinden, damit diese sich auf emotionaler Ebene vielleicht auch besser einprägen, wäre eine super Voraussetzung, um den Kindern das Lernen so vielleicht auch zu erleichtern!“
Wichtig ist aus ihrer Sicht auch, die Eltern zu überzeugen, dass das Erlernen eines Instruments durchaus hilfreich ist. Michaela Vesco: „Ich habe es erlebt, dass die Eltern sagten: ,Mein Kind ist behindert, das kann ja gar kein Instrument spielen.‘ Während das Kind daneben stand… Ich verstehe das gar nicht. Für die Kinder offenbart sich hier ja eine ganz tolle Chance!“
Ich wünsche mir sehr, dass dieses Projekt in unseren Schulalltag integriert und fortgeführt wird
Michaela Vesco: „Ich würde mir sehr wünschen, dass wir dieses Projekt auch künftig weiter in unseren Schulalltag integrieren und weiterführen können! Ich bin mir sicher, nach 20 Jahren Erfahrung im Bereich Musik mit hörgeschädigten Kindern: Durch die Musik ist es für die Kinder viel einfacher, Silben und den Rhythmus der Sprache sowie die Tonalität zu erlernen. Das wird mit Sicherheit auch in der Studie bei diesem Pilotprojekt herauskommen.“