Wunscherfüllerin Swetlana erzählt
Jedes Jahr erfüllt das achtköpfige Team von Aktion Kindertraum mehr als 250 Wünsche. Mal ist es einfach, einen Wunsch zu erfüllen, aber manchmal dauert es auch etwas. So wie die Wunscherfüllung von Jamie, der sich vor zwei Jahren wünschte, einmal den portugiesischen Fußballstar Cristiano Ronaldo live zu sehen…
Unsere Wunscherfüllerin Swetlana Laurenz erzählt selbst, wie sie es geschafft hat, diesen Traum wahr werden zu lassen:
Ich kann mich noch ganz genau erinnern, als der Wunsch bei uns hereinkam. Ich war noch recht neu bei Aktion Kindertraum. Jeden Dienstag sitzen wir zusammen und besprechen unter anderem, wer welche Wünsche erfüllen darf.
„Du bist charmant, Du kriegst das hin!“
Da ich weder Fußballfan bin, noch zu dem Zeitpunkt Erfahrung im Wünsche erfüllen besaß, fühlte ich mich gar nicht fähig, diesen Wunsch zu erfüllen. Aber meine Kollegin Steffie entschied dann: „Du machst das, Swetlana! Das ist eine tolle Aufgabe, eine große Herausforderung. Du bist charmant, Du kriegst das hin!“
Also krempelte ich die Ärmel hoch und stürzte mich in alles, was ich an Informationen finden konnte. Da wäre zunächst der neunjährige Jamie. Er kommt aus Cottbus. Jamies Vater starb bereits im Alter von 29 Jahren am Ehlers-Danlos-Syndrom. Tragisch: Auch Jamie wurde jetzt mit diesem Syndrom diagnostiziert. Außerdem leidet Jamie an Mukoviszidose, einem lebenslimitierenden Gendefekt und hat nur einen Arm. Als Mitglied im örtlichen Fußballverein schwärmt Jamie schon so lange er denken kann für den portugiesischen Fußballstar Cristiano Ronaldo. Und deshalb schrieb er einen Brief an Aktion Kindertraum mit seinem größten Wunsch: Einmal Ronaldo live erleben!
Ronaldo bei Manchester: Er schwänzte das Training
Der spielte damals bei Manchester United. Also kontaktierte ich den Verein in England direkt. Ich schrieb mir alles genau auf und übersetzte es ins Englische. Aber da Ronaldo damals nicht regelmäßig zum Training kam, war ManU nicht gut auf ihn zu sprechen. Und niemand dort wollte mir helfen, den Kontakt herzustellen. Auch bei der Manchester Foundation hieß es immer nur: „Gedulden Sie sich!“
Kontakt zu Ronaldos langjährigem Manager
Schließlich schrieb ich Ronaldos langjährigem Manager Jorge Mendez an – nur dass der inzwischen gar nicht mehr sein Manager war! Und Cristiano Ronaldo inzwischen nach Saudi Arabien zum Fußballclub Al-Nassr gewechselt hatte.
Posts an Ronaldo und seine Frau
Ich versuchte es auch direkt über Social Media und kontaktierte sowohl Ronaldo als auch seine Frau – aber auch hier gab es leider keine Antwort.
Dann war ein halbes Jahr Pause. Nachdem Ronaldo zum Al-Nassr FC gewechselt war, schien er komplett abgeschottet zu sein. Es gab keine Reaktionen. Ich kam einfach nicht durch. Auch nicht zu seinem saudischen Verein.
Neuer Manager für den Fußballstar
Dann fragte ich bei Ronaldos neuem Manager Ricardo Regufe an, der früher als Repräsentant von Sportartikelhersteller Nike in Portugal tätig war. Er ist schon viele Jahre Ronaldos Vertrauter und Freund, seit dem Frühjahr 2023 auch sein Manager. Ricardo Regufe hatte bereits bei Nike kranke Kinder unterstützt, daher war meine Hoffnung groß, dass er vielleicht helfen könnte. Aber auch hier erhielt ich keine Antwort.
DFB-Kontakt zur Europameisterschaft
Wir versuchten es dann über den Deutschen Fußballbund, da ja die Europameisterschaft in Deutschland anstand und Ronaldo für Portugal als Nationalspieler aufgestellt war. Von da wurden wir zur UEFA und deren Kinderstiftung UEFA Foundation weitergeleitet. Aber dort wurde uns gesagt, dass man keine Live-Treffen mit Fußballstars und Kindern organisieren würde.
„Ein Treffen mit Ronaldo? Vergessen Sie das!“
Wir sprachen auch mit dem Sender Sky Sport und der Organisation ,Make a Wish‚, die weltweit Wünsche erfüllt. Doch auch dort wurde uns gesagt: „Ein Treffen mit Ronaldo? Vergessen Sie das. Nicht mal wir schaffen das!“ Seit der Fußballstar beim Al-Nassr FC spielte, schien er völlig von der Bildfläche verschwunden zu sein.
Portugiesische Nationalmannschaft trainiert in Marienfeld
Im Januar diesen Jahres erfuhr ich, dass es im Rahmen der Europameisterschaften die Vorunden-Spiele von Portugal in Leipzig, Dortmund und Gelsenkirchen geben sollte. Und: Dass die Mannschaft aus Portugal einen Monat lang in Marienfeld, 20 Minuten von Gütersloh entfernt, trainieren würde. Weiter sollte dort ein sogenanntes Showtraining stattfinden, auf einem kleinen Spielfeld, halb so groß wie das normale Spielfeld, vor 6.000 Gästen.
Auch Amro (10) möchte Ronaldo gern einmal sehen
Inzwischen hatten wir übrigens noch einen zweiten Ronaldo-Wunsch erhalten, von Amro (10) aus Wuppertal. Er ist an Spastischer Tetraplegie erkrankt. Amro und sein Vater gucken immer gemeinsam Fußball. Immer auch die Spiele mit Ronaldo.
Hoffnung auf Tickets zum Showtraining
Mit dem Wissen, dass es dieses Showtraining geben würde, setzte ich noch einmal alle Hebel in Bewegung, um Tickets dafür zu bekommen. Nochmals kontaktierten wir auch Ronaldo und seine Frau über die Social Media. Vergebens.
Internetplattform völlig überlastet
Als die Tickets bundesweit am 31. Mai verlost wurden, mobilisierte ich alle Freunde, Verwandte, Kollegen und Bekannte. Und versuchte so über die Plattform vereinsticket.de an die Karten zu kommen. Aber die App war schon morgens um 5:30 Uhr sofort überlastet und ich flog immer wieder raus. So ging es auch allen anderen. Es war so frustrierend. Ich konnte die Tickets schon im Warenkorb sehen – und dann flog ich wieder raus. Nach vier bis fünf dieser Erfahrungen war mir klar: Das wird nichts mehr!
Inzwischen hatte ich noch den Moderator Björn Sassenroth eingeschaltet, der Kontakt zu Radio Gütersloh und der Neuen Westfälischen Zeitung aufnahm. Auch eine Bürgermeisterin in Hannover kontaktierte ich, damit diese den Kontakt zum Bürgermeister von Gütersloh aufnimmt. Der Manager des Hotels, in dem die Spieler untergebracht waren, versprach, ebenfalls zu helfen. Alles vergebens.
Die Neue Westfälische Zeitung meldete sich gar nicht und die Stadt Gütersloh, Fachabteilung Sport, die das Event im Auftrag der UEFA organisieren sollte, konnte auch nicht helfen. ‚Man könne keine Ausnahmen machen‘. Dabei kam heraus: Es waren 6.000 Tickets herausgegeben worden. Und: Ein Teil der Tickets sollte an Gütersloher Sportvereine und Schulen, Medienvertreter und die Portugiesische Vereinigung Gütersloh gehen.
Hilfe vom Behindertenbeirat
Inzwischen hatte ich Tag und Nacht über meinen privaten Social Media Account die Stadt Gütersloh auf den Social Media mit meinem Anliegen – Tickets für Jamie und Amro zu bekommen – bombardiert. Ich schrieb immer wieder, ob es nicht doch möglich sei, diesen gesundheitlich benachteiligten Kindern ein Ticket zu ermöglichen. Und: Dass es nicht um mich ginge, sondern um die Kinder.
Es gab dann bei mir einen Punkt, wo ich einfach ausgebrannt war. Ich konnte nicht mehr, ich wollte nicht mehr! Ich erinnere mich noch genau: Anfang Juni saß ich zu Hause auf dem Sofa. Und ich dachte immer wieder: Das kann doch nicht wahr sein! 6.000 Tickets und nicht eins davon für die Kinder, die sich so gern diesen Traum erfüllen wollten. Ich sah im Internet, dass erste Tickets auf diversen Plattformen weiterverkauft wurden. Zu mehr als 1.000 Euro pro Karte wurden sie versteigert. Als ich noch mal dort nachfragte erhielt ich Antworten wie: „Tut mir leid, aber ich kann so meinen Urlaub finanzieren…“
Ich war fix und fertig. Schließlich schrieb mich Annette Runte, die erste Vorsitzende des Behindertenbeirats an. Es folgten ganz viele E-Mails, Telefonate, verschiedene Fragen und reger Informationsaustausch. Und die Hoffnung, dass sie eventuell helfen könnte.
Ich werde diese Nachricht, die dann von Frau Runte kam, nie vergessen. Sie schrieb mir am 5. Juni: „Frau Laurenz, es ist Zeit für Luftsprünge!“
Ein schwerstbehinderter Mann verzichtete auf seinen Platz und auch ein Kind aus einem Gütersloher Sportverein war bereit, für eines unserer kranken Kinder das Ticket an uns abzugeben.
Ich war sooo glücklich!
Am 9. Juni fuhr ich zu Frau Runte und holte die beiden Tickets für Jamie und Amro ab. Ich war bei ihr zu Hause und wir haben uns sehr gut verstanden. Ich erzählte ihr von meiner langjährigen Mission und wie froh ich war, dass wir diese Tickets jetzt bekommen hatten.
Dann kam am 12. Juni noch eine Überraschung. Dieses Mal für mich. Frau Runte meinte: „Frau Laurenz, Sie müssen nach all der Mühe, die Sie investiert haben, auch mitkommen. Ich habe ein Ticket für Sie! Sie haben so tolle Arbeit geleistet, ich habe das für sie geschafft!“ Wie toll war das denn! Ich freute mich riesig.
Am 13. Juni war es dann soweit: Jamie und Amro waren in Marienfeld angekommen und live dabei, als der portugiesische Mannschaftsbus ankam. Es gab portugiesische Tänze und eine nette Begrüßung. Wir lernten einen der Geschäftsführer der Hotel-Residence Klosterpforte, Reinhold Frie, kennen. In dem Hotel übernachteten die Fußballstars und auch Ronaldo.
Am Freitag, dem 14. Juni, dann das Showtraining: Um 16 Uhr war Einlass. Bis zum Schluss war nicht klar, ob auch Ronaldo wirklich dabei sein würde, aber Gott sei Dank: Der Spieler mit den grünen Schuhen war – Ronaldo!
Jamie und Amro waren überglücklich. Noch während des Showtrainings bedankte sich Jamie bei mir. Und da war ich so froh, dass ich nie aufgegeben hatte, ihm diesen Wunsch zu erfüllen!
Als ich dann spätabends völlig geschafft mit dem Zug nach Hause gefahren bin, bekam ich noch eine Nachricht von Jamie: „Heute war mein schönster Tag!“