In unserem vierten Blickpunkt wird es tierisch: So ist unter den Talk-Gästen auch Blindenhund Bauxie. Und überhaupt dreht sich in dieser Folge alles ums Tier, beziehungsweise um Tiertherapie. Denn von Beginn an, schon seit Aktion Kindertraum 1998 gegründet wurde, unterstützt Geschäftsführerin und Gründerin Ute Friese auch diverse Tiertherapien, um so kranken, sozial benachteiligten, traumatisierten und geistig sowie körperlich behinderten Kindern helfen zu können. Zu Gast im Studio waren dieses Mal zwei Expertinnen zu diesem Thema.

Aktion Kindertraum unterstützt das Landesbildungszentrum für Blinde

Da wäre zum Einen Ulrike Krüger, seit 28 Jahren Lehrerin und Projektleiterin im Landesbildungszentrum für Blinde in Hannover mit ihrem elfjährigen Flat Coates Golden Retriever Mischling, der seit neuneinhalb Jahren bei ihr lebt und ihr als Blindenhund das Leben erleichtert. Denn Ulrike Krüger ist selbst auch blind.

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Bauxie ist das Augenlicht von Ulrike: Der Blindenhund hilft ihr im Alltag bei Vielem.
Institut für soziales Lernen mit Tieren

Unser zweiter Gast ist Ingrid Stephan, Gründerin und Leiterin des „Instituts für soziales Lernen mit Tieren“, die seit 25 Jahren mit ihren Tieren in verschiedene Institutionen reist, und gemeinsam mit ihnen jeweils drei Stunden maximal bei den Besuchten für ganz viel Freude, Ablenkung und auch Therapie sorgt. Mehr geht nicht, denn die Therapien sind auch für die Tiere sehr anstrengend…

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Ingrid und Moderator Andreas Wrede diskutieren über Tiertherapie. Ingrids Konzept ist inzwischen international bekannt.

Jedes Tier hat dabei nur einen Auftrag täglich, das heißt, ist auf nur einen zu Betreuenden fokussiert. Wer jetzt an Hunde und vielleicht noch Katzen denkt, täuscht sich. Denn bei Ingrids speziell ausgebildeten Tieren handelt es sich um 60 Hühner, Schafe, Esel, Minischweine, Rinder, Hunde und Meerschweinchen, die sie abwechselnd als tierische Therapeuten einsetzt.

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Eins der Zwerghühner, das immer mit ins Landesbildungszentrum für Blinde fährt.

Fast immer fährt Ingrid mit denselben Tieren in dieselben Einrichtungen. Denn nur so kann sich eine Beziehung zwischen Tier und Mensch aufbauen – und meist freuen sich die Besuchten auch schon tagelang vorher auf die Wiederkehr „ihres“ Tieres. Jedes Tier, das im Einsatz war, darf sich immer auch wieder erholen, deshalb arbeiten die tierischen Therapeuten auch nur maximal drei Mal wöchentlich, der Rest der Woche dient zur Regeneration.

Aber zurück zu Ulrike Krüger, auch hier gibt es viel Spannendes zu berichten. Zum Beispiel in Sachen Blindenhund: Die Ausbildung dauert sechs bis neuen Monate, hängt von Rasse und Auffassungsgabe des Hundes an. Und das kostet viel Geld. Bauxie hat knapp 25.000-26.000 Euro gekostet! Das beinhaltet das ganze Ausbildungs-Paket: Führhundeschule, Patenfamilie (wo der Hund aufwächst) sowie ca. 360 Ausbildungsstunden. Dazu noch die (Ein-)Schulung für Hund und HalterIn als Team.

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Immer in Reichweite – auch in der Talkshow: Blindenhund Bauxie ist für Frauchen Ulrike da.

Da Ulrikes Hund Bauxie bereits elf Jahre ist, muss Ulrike bereits nach einem neuen Blindenhund Ausschau halten, falls er, obwohl er Gott sei Dank noch topfit ist, nicht mehr kann beziehungsweise stirbt. Da ja die Ausbildung eines Blindenhundes auch noch eine Zeit lang dauert (s.o.). Ulrike Krüger: „Bauxie bedeutet mir sehr sehr viel, er ersetzt mir die Augen und ermöglicht mir so ein großes Maß an Mobilität, das ich sonst nicht hätte!“

Ulrike kam ursprünglich als Umschülerin ins Landesbildungszentrum für Blinde, damals konnte sie noch sehen, erst nach und nach erblindete sie, wegen einer unheilbaren stetig fortschreitenden Augenkrankheit. Heute leitet Ulrike diese so wichtige Institution und einzige Blindenschule in Niedersachsen. In Niedersachsen leben übrigens fast 10.000 blinde Menschen, deutschlandweit sind es rund 150.000.

Aktion Kindertraum unterstützt neben zwei weiteren Einrichtungen unter anderem auch das Landesbildungszentrum für Blinde mit Tiertherapie, regelmäßig kommt Ingrid auch hierher mit ihren Tieren und zwei Praktikanten, die bei ihr soziales Lernen mit Tieren erfahren.

Zu den Menschen, die Ulrike im Landesbildungszentrum betreut, gehören Kinder mit Mehrfachbehinderungen, aber auch Erwachsene. Da gibt es zum Beispiel diesen Mann, der im Rollstuhl sitzt, er konnte bisher die Tiere nicht streicheln. Aber dann, so Ingrid, haben die Tiere ihn gesucht. Immer wieder sind Hühner auf seinen Rollstuhltisch geflogen, die konnte er dann streicheln. Ingrid: „So etwas zu erleben ist wirklich ganz toll. Das sind ganz bewegende Momente!“

Ingrid, die Pädagogik studiert hat, stellte schon früh fest: „Ich bemerkte, dass wenn Tiere anwesend sind, sich die Atmosphäre verändert, insbesondere auch bei Kindern entsteht dann eine ganz andere Kommunikation. Man kommt einfacher miteinander ins Gespräch!“ Doch in den 90er-Jahren waren zwar Reit- und Delphintherapien bekannt, aber Therapien mit Hühnern, Schweinen, Nutztieren gab es noch nicht. Ingrid: „Wir haben 13 verschiedene Tierarten, Haus- und Nutztiere mit denen wir arbeiten. Es ist immer wieder spannend zu sehen, welches Kind sich welches Tier aussucht!“ Für ihre Arbeit hat Ingrid vor einigen Jahren in New York für „Best Practice and best Education in Animal assisted Intervention“  den William F. McCulloch Award in Empfang nehmen dürfen. Der renommierte Preis ging damit zum ersten Mal nach Europa!

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Ute Friese von Aktion Kindertraum (rechts) ist natürlich auch bei dem Talk mit dabei.

Ute Friese ist ebenfalls überzeugt, dass Tiertherapien eine wichtige Funktion haben: „Seit Gründung von Aktion Kindertraum 1998 unterstützen wir Tiertherapien. Wir haben fast 190 Wünsche erfüllt, die irgendetwas mit Tieren zu tun haben. Ich war von Anfang an davon überzeugt, dass dies ein guter Weg ist, mit Kindern und Tieren zu arbeiten. Denn Tiere und Kinder sind grundehrlich. Eine tolle Mischung.“

Weiter findet sie: „Die Krankenkassen könnten da bestimmt noch ein bisschen mehr machen. Blindenhunde werden zwar bezahlt, aber wir unterstützten beispielsweise die Ausbildung von Hypo-Hunden, Diabetikerwarnhunden, Autismushunden, Epilepsiehunden und noch viele weitere Tiertherapien, wo die Krankenkassen gar nichts zahlen. Das ist schade, denn so etwas ist eben doch sehr teuer für viele Familien. Ich glaube und hoffe aber, dass die Akzeptanz für Tiertherapien in den letzten Jahren zugenommen hat. Gerade auch durch Corona hat sich das gezeigt, insbesondere in der ersten Phase. Wir erhielten viele Rückmeldungen von Eltern als die Therapie ausfiel. Sie berichteten von Rückschritten bei ihren Kindern. Spätestens da hat man gemerkt, wie wichtig Tiertherapie ist. Uns haben auch viele Ärzte bestätigt, wie wichtig der Einfluss von Tieren ist.“

Aktion Kindertraum hat in den vergangenen zwei Jahren 60 Hunde gefördert, insgesamt seit Beginn von Aktion Kindertraum sind es rund 350 gewesen.

Mehr über Tiertherapien erfahren Sie in unserem Blickpunkt: