Sina’s Lebensprognose war nach ihrer Geburt für ihre Eltern niederschmetternd. Sie hat spinale Muskelatrophie – durch diese Erbkrankheit werden von ihrem Körper kaum Nervenzellen produziert, „die sich dann auf den Weg in die Muskeln machen könnten.“ So drückt es Sina heute aus, 18 Jahre nach ihrer Geburt. Damals hatte ein Professor ihren Eltern eine düstere Voraussage mitgeteilt: „Gehen Sie davon aus, dass Sina den dritten Geburtstag nicht erleben wird.“

Dazu meint Sina im Nachhinein nur trocken: „Den habe ich aber ganz schön alt aussehen lassen!“ Mit Hilfe eines elektrischen Spezialrollstuhls – sie kann ihn mit der linken Hand selber bewegen – ist ihr Leben von einer gewissen Unabhängigkeit geprägt. Und die braucht Sina auch, hat sie doch einen freien, wagemutigen Geist, der auch jenseits der Familie Menschen mitreißen kann.

Die grüne Bande

Das war nicht immer so: Als sie noch jünger war, ließen sie viele nicht ausreden, Fremde beschimpften sie als „Krüppel“ oder „Spasti“. Solch‘ dämliche Sprüche kann sie heute an sich abtropfen lassen. Sie hat sich ihre feste Position im Leben erkämpft mit Intelligenz und Power. Zunächst ging sie auf die Stephen Hawking-Schule in Neckargemünd, heute besucht eine Wirtschaftsschule. Ihr Motto, damals wie heute: „Ich mache einfach mein Ding!“

Geprägt durch ihre Erfahrungen hat sie mit Hilfe des Bundesverbandes für Kinderhospize und Aktion Kindertraum „Die grüne Bande“ gegründet. Das ist ein Club für behinderte und kranke Kinder und Jugendliche sowie deren Geschwister und Freunde. Mehr als 20 Mitglieder hat „Die grüne Bande“ inzwischen, einmal im Jahr findet sie sich zu einem Jahrestreffen zusammen. Diese Treffen werden von Aktion Kindertraum und dem Bundesverband Kinderhospiz finanziert und mit organisiert.

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Sina und ihre Familie in Heidelberg
Die Familie – der wichtigste Rückhalt

Zwei wichtige Ziele hat „Die grüne Bande“. Zum einen möchten die Mitglieder die öffentliche Wahrnehmung für die Lebensumstände bei Menschen wie Sina viel mehr schärfen. Zum anderen geht es darum, behinderten Menschen im öffentlichen Raum einen permanenten und verlässlichen barrierefreien Zugang zu verschaffen. Wenn man etwa mit Sina in Heidelberg aus der Rollstuhlperspektive unterwegs ist, merkt man schnell: Viele Menschen sind wenig achtsam, wenn es um RollstuhlfahrerInnen geht. Zum Glück ist Sinas Rollstuhl über 100 Kilo schwer – den wirft so schnell nix um.

Der wichtigste Rückhalt ist für Sina immer ihre Familie. Wobei sie durchaus weiß: „Für meine Schwester und meine Eltern bin ich erstmal ganz viel Arbeit, weil ich ja fast nichts alleine machen kann.“ Andrerseits sagt sie: „Das bedeutet aber weiter, dass wir als Familie so viel wie möglich unternehmen, weil das eben aufgrund meiner Krankheit irgendwann nicht mehr möglich sein wird.“

Thema: Geschwisterkinder

In diesem Jahr wird es bei „Der grünen Bande“ einen Wechsel im Vorsitz geben. Sina und ihre Mitstreiter finden, dass es Zeit wird, jemandem anderem das Ruder zu übergeben. Und so übernimmt Nina im August – kurz nach ihrem 14. Geburtstag – den Banden-Vorsitz. Sie hat einen großen Bruder, der unheilbar erkrankt ist, deswegen liegt ihr das Thema Geschwisterkinder ebenso am Herzen wie Sport für behinderte Kinder. Aber natürlich wird Sina weiterhin sehr aktiv bei „Der grünen Bande“ dabei sein. Alles andere kommt für sie nicht in die Tüte!